![]() |
Die Pupen sind anklickbar! |
Rücktritt
eines lokalen Politikers ist eigentlich kein Thema für die Matrjoschka-
online.de. Unser Medium beschäftigt
sich vorwiegend mit weltbewegenden
Ereignissen. In diesem Fall aber wollen wir anders verfahren. Aus
folgenden Gründen: Zurückgetreten
ist Bremens Vize- Bürgermeister Peter Gloystein. Das ist tatsächlich
keine erschütternde Nachricht, wenn man den Grund des Rücktritts nicht berücksichtigt.
Dieser besteht aber darin, dass der gute Mann auf einem Weinfest in
fröhlicher Laune einen Obdachlosen
mit Sekt bespritzt hat. Obwohl
der Vize- Bürgermeister das Opfer seiner Fröhlichkeit
um eine Abbitte ersuchte, erstattete dieses eine Anzeige. Wegen
Verletzung seiner Menschenwürde. Die Kollegen der Regierungskoalition in
Bremen legten daraufhin dem Spaßmacher nahe, den Hut zu nehmen. Matrjoschka fand diese Nachricht erheiternd. Sie erinnerte sich an die berühmte Geschichte vom Hauptmann aus Köpenick. An die Geschichte eines anderen Obdachlosen, der seine Menschenwürde dadurch zu verteidigen suchte, dass er in die Uniform eines kaiserlichen Offiziers schlüpfte. Allerdings ging das schief. Damals war Deutschland ein Obrigkeitsstaat. Der sogenannte kleine Mann war der Staatsmacht wehrlos ausgeliefert. Gott
sei Dank ist der deutsche Obrigkeitsstaat
bereits lange Vergangenheit geworden. Die Gegenwart
ist ein Deutschland,
wo die Würde des Menschen durch die Staatsmacht nicht verletzt, sondern
geschützt wird. Ein gutes Beispiel für Russland.
Bekanntlich
fängt die deutsche Verfassung mit einem Paragraphen an, der lautet, die
Würde des Menschen sei unantastbar. Das ist ein schöner Grundsatz.
Besonders, wenn er nicht bloß
auf Papier steht. In Deutschland steht er nicht bloß auf dem Papier. Deshalb sind sich seine Bürger ihrer Würde bewusst. Sie lassen sich nicht auf den Schlips treten. Wie der Obdachlose aus Bremen. Sicherlich
wäre es besser, hätte Deutschland keine
Obdachlosen. Wenn es aber schon welche hat, dann ist es erfreulich, dass
sie so sind, wie der aus Bremen. Ein Grund, Deutschland zu gratulieren. Matrjoschka
wartet sehnsüchtig darauf, dass ein russischer Bomsh (ein Kürzel für die
Obdachlosen in Russland) einen Vertreter der russischen Staatsmacht für
arrogantes Benehmen anzeigt.
Und dass dieser zum Rücktritt gezwungen wird, weil der Bomsh ihn nicht
entschuldigen will. Es ist aber noch ungewiss, ob und wann dies in
Russland geschieht.
Vielleicht sollten die russischen Gesetzgeber darüber nachdenken, ob die russische Verfassung nicht mit ähnlicher Formel eingeleitet werden soll wie die deutsche Verfassung. Man muss voneinander lernen können. Erst recht, wenn man zusammengeht. 22.5.05 KASPAROW
WIRFT PUTUN DEN HANDSCHUH Garry
Kasparow, den die Experten zum größten Schachspieler aller Zeiten wählten
haben, verlor den Geschmack am königlichen Spiel. Da er keine würdigen
Rivalen unter den Zeitgenossen sieht
und sogar alle Schachcomputer bereits
mattgesetzt hat, will er das Berufsschach verlassen. Viel
aufregender findet er politisches Spiel auf dem Terrain sieht er auch
einen Gegner, mit dem er Kräfte messen will. Der russische Präsident
Wladimir Putin. Den
ersten Zug hat er schon hinter sich. Er nannte Putin eines Faschisten und
bezichtigte ihn, Russlands Demokratie zu erwürgen. Dem Westen warf er
vor, Putins Politik zu billigen, weil er nur Stabilität in Russland will.
Zu welchem Preis egal. Kasparow
verurteilte die Absicht, 2006 in Moskau ein Treffen von großen Acht
durchzuführen. Das wäre dasselbe, als die Teilnahme der demokratischen
Staaten an der Olympiade 1936 in Berlin. Mag sein, dass Garry das Debüt gewinnt. Aber dem folgt bekanntlich das Mittel- und Endspiel. Und wenn sich der KGB- Oberst, wie ihn Garry notorisch tituliert, auf den Spiel einlässt... 13.3.05 -------
Dostojewskis
Ehrenrettung. Es gab kaum eine Aufführung der Berliner Volksbühne, die in der hiesigen Presse so zerpflückt wurde, wie die Inszenierung des Romans „Der Spieler“ von Fjodor Dostojewski. Am weitesten ging der Rezensent der Zeitung „Die Welt“ in seiner Kritik. Er bemängelte die ungehörige Modernisierung des Stoffes, das Fehlen des roten Fadens, Langeweile trotz Effekthascherei. Insoweit hat er recht. Was
aber auf Widerspruch stößt, ist der Versuch des Rezensenten, die Schuld
für die misslungene Aufführung der Erzählung des großen russischen
Dichters zu geben. Diese hat nämlich mit der Inszenierung nicht viel
zu tun. Wie übrigens mehr oder weniger auch andere Inszenierungen
von Dostojewskis Werken am Berliner Kulttheater. Darunter auch jene
, die von der Berliner Theaterkritik positiver aufgenommen wurden.
Denn in jedem Fall war der Dostojewski der „Volksbühne“
nicht der Dostojewski, den die Russen bereits anderthalb
Jahrhunderte lesen und lieben. Der
wahre Dostojewski, wie übrigens auch der
in Deutschland nicht
weniger verlegte und inszenierte Anton
Tschechow, sind nämlich Dichter, die sich, wie
keine anderen in der Welt, vielleicht nur mit Ausnahme der alten Griechen, mit allgemeingültigen
Fragen der menschlichen
Existenz geplagt haben. Vor allem mit der Frage, warum und wozu die
Menschen so viel leiden müssen, auch wenn es ihnen, oberflächlich
gesehen, gar nicht schlecht
geht., Wenn die große, in
ihrer Bedeutung unvergängliche Frage ausgeklammert wird, verfälscht eine
Bühneninterpretation die
Aussage der Dichtung. Auch wenn sie gut gemeint ist. Das ist es aber, was der Volksbühne mit der Inszenierung des „Spielers“ unterlief. Die Leidenschaft des Helden aus dem X!X. Jahrhundert, das Roulettespiel, wurde hier mit dem berauschenden Börsenspielen des XXI. Jahrhundert verglichen. Der Romanheld wurde den modernen Spekulanten gleichgestellt, die über die Grenzen hinweg ungeheuer viel Geld bewegen und dabei oft nicht nur sich selbst, sondern ganze Landstriche und sogar Länder ruinieren. Mag
die Parallele zum Teil stimmen. Aber indem ihr die ganze Handlung
gewaltsam unterworfen wurde, verlor diese an
innerer Spannung. Der wunderbaren Spannung, die
allen Romanen von
Dostojewski eigen ist und Lesergenerationen fasziniert.
Die Mätzchen der Regie konnten den Verlust nicht ausgleichen. Auch
wenn sie sich viel einfallen ließ. Wie
zum Beispiel die mit nervenraubendem Gehupe über die Bühne dauernd
fahrenden Mercedes und BMWs oder die in ihrer Eindeutigkeit nicht zu überbietende
Nacktszene. So wurde leider der Hauptzug der klassischen russischen Dichtung, mehr noch, der in ihr weiterlebenden russischen Seele, im Zuschauerraum nicht wahrgenommen. Jener Seele, die trotz aller Perversitäten der russischen Geschichte, die Fähigkeit behielt, fremdes Leid wie das eigene zu empfinden. Und, insofern sie sich in der klassischen russischen Dichtung wiederspiegelte, diese zum wertvollsten Beitrag der Russen zur europäischen Kultur machte. 31.10.04 --------------
Im
russischen Palais unter den Linden, Berlin, fand der 3.Deutsch-Russische
Herbstball statt. Früher
in der Residenz der russischen Botschaft
an der Spree schlicht und einfach undenkbar,
sind die Herbstbälle im prächtigen Palais Unter den Linden aus
dem Leben Berlins jetzt nicht mehr wegzudenken. Der diesjährige
war der dritte und bot mehreren
Hunderten deutscher und russischer Gäste aus Politik, Wirtschaft und
Kultur viel Spaß, Unterhaltung und eine auserlesene Gastronomie (Bliny
mit Kaviar!). Aber nicht nur das. Die Gäste hatten wieder eine gute
Gelegenheit, sich über das Berufliche auszutauschen und nahmen diese auch
intensiv wahr. Wenn man ihr
Kaliber bedenkt, muss man wohl anerkennen, dass der Herbstball nicht nur
ein Amüsement war, sondern
eine auf unverkrampfte Art und Weise vollzogene Abstimmung der
Ansichten von Personen, die in den beiden Ländern etwas zu sagen haben. Allerdings verrieten Dr. Andrea von Knoop, die aus Moskau gekommene Delegierte der Deutschen Wirtschaft in der Russischen Föderation, und der Botschafter der Russischen Föderation in der Bundesrepublik Deutschland, Vladimir Kotenev, dass die Veranstaltung auf der Kippe stand. Es wurde nämlich bezweifelt, ob angesichts der Tragödie in der südrussischen Stadt Beslan, wo viele Kinder und Erwachsene zu Opfern eines hinterhältigen Terroranschlags wurden, ein rauschender Ballabend angebracht sei. Schließlich entschlossen sich die Gastgeber trotzdem zu dem Fest. Dabei gingen sie davon aus, dass gerade in einer Zeit, wo der internationale Terrorismus Russland den offenen Krieg erklärt, ein Beweis der Solidarität doppelt wichtig ist. Wie die ganze Atmosphäre im Palais Unter den Linden zeigte, war es eine richtige Überlegung. Auch weil das Treffen den Russen eine gute Gelegenheit bot, sich bei den Deutschen für die tätige Anteilnahme am Schicksal der Opfer zu bedanken. Und aus den Gesprächen mit den Russen konnten die Deutschen vielleicht mehr über die Verbrechen des von außen inspirierten Terrors in Russland erfahren, als ihre Medien darüber bringen. Ansonsten
ist zu vermerken, dass der künstlerische Teil der Veranstaltung diesmal besonders reichhaltig und
unkonventionell war. Die Gäste konnten sich je nach Geschmack sowohl
russische Klassik als auch russische
Popmusik zu Gemüte führen. Wohl auch deswegen begegneten einem beim Verlassen des Palais viele vergnügte und heiter gestimmte Menschen. Eine rundum gelungene Sache war dieser 3. Deutsch-Russische Herbstball in der Residenz der russischen Botschaft in Berlin. Ein guter Beitrag zur Vertiefung der Verständigung zwischen Russen und Deutschen. 24.9.04 Zur Startseite |
|